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VK Bund: Augen auf bei der Referenzprüfung und deren Dokumentation!

Beschluss vom 26.08.2024 - VK 2-67/24
Die Vergleichbarkeit von Referenzen ist detailliert zu prüfen und im Vergabevermerk nachvollziehbar zu dokumentieren. Ein Vergabevermerk, der lediglich wenige allgemein gehaltene, ein Ergebnis festhaltende Sätze enthält, wonach die Vergleichbarkeit vorgelegter Referenzen im Ergebnis bejaht wurde, ist nicht ausreichend.

Bei der Vergleichbarkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass sich aus dem Umfang bzw. der Größenordnung der von den Bietern referenzierten Projekten zweifelsfrei erschließen lassen muss, ob ein Unternehmen in der Lage ist, Projekte in der ausgeschriebenen Größenordnung zu leisten.

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin (Ag.) schrieb zum Wiederaufbau einer Kirche Bauleistungen für die Herstellung einer Turmhaube EU-weit aus. Einziges Wertungskriterium war der Preis.

Zum Nachweis der technisch-beruflichen Leistungsfähigkeit waren mit dem Angebot u.a. einzureichen: „Persönliche Referenzen künstlerische Leitung Kupfertreibarbeiten: Mit dem Angebot sind Angaben zu Referenzprojekten aus den letzten sechs abgeschlossenen Kalenderjahren (2018-2023) abzugeben: a. mind. 3 Referenzen zu Metalltreibarbeiten, die mit den entsprechenden, im LV verankerten, Leistungen aus technisch-künstlerischer Sicht vergleichbar sind. Die erforderlichen Angaben zu den vorgenannten Referenzen sind in unserer Vorlage "Referenzliste - Künstlerische Leitung" benannt." Im Fall der Einschaltung von Nachunternehmern waren die Referenzen für die Leistung Kupfertreibarbeiten vom ausführenden Nachunternehmer vorzulegen.

Die Antragstellerin (Ast.) und Beigeladene (Bg.) gaben fristgerecht Angebote ab. Das Angebot der Bg. lag preislich an erster, das Angebot der Ast. an zweiter Stelle.

Der Vergabevermerk, den ein seitens der Ag. eingeschaltetes Architekturbüro erstellt und dem die Ag.  zugestimmt hatte, schlug die Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Bg. als wirtschaftlichstem Angebot vor. Zur formalen Prüfung wurde festgehalten, dass von allen Bietern Unterlagen nachgefordert worden seien. Ein im Angebot der Bg. fehlendes Foto zur Referenz 1 wurde nicht thematisiert und war ausweislich der Anlage 1 zum Vergabevermerk mit der Nachforderungsübersicht auch nicht Bestandteil der Nachforderung bei der Bg. In Bezug auf die Eignung der Bg. wurde für die hier streitigen persönlichen Referenzen Kupfertreibarbeiten festgestellt, dass die künstlerische Gestaltung von Bauteilen der persönlichen Referenzen des Nachunternehmers anhand von Fotos in Augenschein genommen und als vergleichbar mit den verlangten Anforderungen gewertet worden sei.

Die Ag. teilte der Ast. mit, dass der Zuschlag auf das Angebot der Bg. erteilt werden solle. Dies rügte die Ast., da nach ihrer Marktkenntnis ausgeschlossen sei, dass die Bg. über Referenzen in Bezug auf Kupfertreibarbeiten verfüge, die mit den hier ausgeschriebenen, anspruchsvollen Kupfertreibarbeiten vergleichbar sein könnten. Die Ag. half der Rüge nicht ab, da keine vergleichbaren Referenzen speziell zu Kupfertreibarbeiten gefordert worden seien, sondern allgemeiner zu Metalltreibarbeiten. Die Ast. stellte daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der VK Bund.

Beschluss 

Teilweise mit Erfolg. Der Ag. wurde untersagt, auf Basis der vorliegenden Eignungsprüfung den Zuschlag zu erteilen. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht sei eine erneute Eignungsprüfung durchzuführen und zu dokumentieren. Der zulässige Nachprüfungsantrag sei begründet, soweit sich die Ast. auf die Eignungsprüfung der Bg. beziehe. Nicht begründet ist der Nachprüfungsantrag, soweit die Ast. die Erteilung des Zuschlags auf ihr eigenes Angebot beantragt.

Die Basis der Eignungsprüfung sei zwar korrekt, es fehle aber an einer korrekten Umsetzung der Prüfung. Dabei bewege sich der Fehler der Ag. vorrangig auf der Ebene der Dokumentation, denn es sei praktisch keine Dokumentation der Eignungsprüfung vorhanden. Der Vergabevermerk enthielte lediglich wenige allgemein gehaltene, ein Ergebnis festhaltende Sätze, wonach die Vergleichbarkeit der von der Bg. vorgelegten Referenzen auf Basis von Fotos im Ergebnis bejaht wurde. Ähnliches gelte für die Prüfung eines ebenfalls geforderten Logistik-, Zeit- und Kapazitätskonzepts, das bei der Eignungsprüfung gar keine Erwähnung gefunden habe. Die Ag. habe eine Vielzahl von Eignungskriterien aufgestellt und Nachweise gefordert, die in der Folge auch einer inhaltlich-materiellen Aus- und Bewertung bedürfen würden. Die einzureichenden Nachweise etc. stellten die formale Grundlage für eine materielle Eignungsprüfung dar.

Bereits auf der Ebene der formellen Grundlagen mit einem fehlenden Foto für eine Referenz der Bg. sei falsch umgegangen worden, als angesichts des für die Fotoanlage eingetragenen "nein" eigentlich bei der Bg. hätte aufgeklärt werden müssen, was mit dem "nein" gemeint ist; ggfs. wäre das Foto nachzufordern gewesen.

Was die positive Entscheidung bezüglich der Bg. anbelange, sei der Ast. bezüglich ihres zentralen Angriffspunktes, nämlich das Verständnis der Eignungsvorgabe "Metalltreibarbeiten" jedoch nicht zu folgen. Die Ast. habe zwar nachvollziehbar deutlich gemacht, dass in der Praxis ein Schwerpunkt bei Metalltreibarbeiten aufgrund der Materialeigenschaften in der Kupferbearbeitung liege. Es sei daher durchaus vorstellbar, dass aus fachkundiger Bietersicht die Begrifflichkeit der Metalltreibarbeiten gleichgesetzt werde mit Kupfertreibarbeiten. Hier habe die Ag. jedoch ganz bewusst den weiteren Rahmen gesetzt und auch Treibarbeiten mit anderen Materialien als Referenz zugelassen. Dies sei auch für einen fachkundigen Bieter klar erkennbar gewesen.

Allerdings hätte die Ag. sich mit den Referenzen der Bg. als Zuschlagskandidatin befassen und diese einer näheren Prüfung zuführen müssen. Auch wenn die Ast. nicht durchdringe mit ihrem Argument, Metalltreibarbeiten seien gleichzusetzen mit Kupfertreibarbeiten, so wäre doch zumindest eine dokumentierte Befassung damit erforderlich gewesen, auf welches Metall sich die Referenzen beziehen, um einschätzen zu können, ob die Anforderung der Metalltreibarbeit überhaupt erfüllt sei. Ebenso wäre es notwendig gewesen, sich mit der technisch-künstlerischen Vergleichbarkeit zu befassen und diese zu begründen. Die Auftragswerte der Referenzaufträge seien zwar beim technisch-künstlerischen Vergleichbarkeitsmaßstab nicht explizit vorgegeben gewesen. Allerdings sei im Zuge der Prüfung der Vergleichbarkeit auch zu berücksichtigen, dass sich aus dem Umfang bzw. der Größenordnung der von den Bietern referenzierten Projekten zweifelsfrei erschließen lassen müsse, ob ein Unternehmen auch in der Lage sei, Projekte in der ausgeschriebenen Größenordnung leisten und den technisch-künstlerischen Anforderungen gerecht werden zu können. Dazu gebe es es keine Aussage im Vergabevermerk, so dass die Bejahung der Eignung auf dieser Basis keinen Bestand haben könne.

Die Ag. habe die Eignungsprüfung erneut durchzuführen und angemessen zu dokumentieren. Da vor diesem Hintergrund die Entscheidung über den Zuschlag in der Sache offen sei, die vorliegende Entscheidung durchaus vergaberechtskonform und begründbar sein könne, komme die beantragte Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Ast. aus diesem Grund nicht in Betracht.

Praxistipp

Um Dokumentationsmängel bei der Eignungsprüfung zu vermeiden, müssen Referenzen einer inhaltlichen Prüfung unterzogen werden. Die Gründe für eine Vergleichbarkeit oder Nichtvergleichbarkeit mit der ausgeschriebenen Leistung sind ausführlich zu dokumentieren. Lediglich allgemeine Ausführungen im Vergabevermerk, wonach die Vergleichbarkeit der vorgelegten Referenzen im Ergebnis bejaht wurde, sind nicht ausreichend.

VK Bund, Beschluss vom 26.08.2024 - VK 2-67/24