EU-Vergaberecht


Im Jahr 2014 hat die EU-Kommission Richtlinien zur Modernisierung des Vergaberechts sowie eine Konzessionsrichtlinie erlassen. Diese wurden fristgemäß in Deutsches Recht umgesetzt. Am 18. April 2016 sind die neuen Regelungen im Oberschwellenbereich in Kraft getreten.

 

Folgende Änderungen und Neuerungen ergaben sich durch die Modernisierung:

 

Das Deutsche Vergaberecht wurde oberhalb der von der EU-Kommission festgelegten Schwellenwerte in den vergangenen Jahren durch zwei EU-Richtlinien aus dem Jahr 2004 geprägt (Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge sowie Richtlinie 2004/17/EG zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste). Seit dem sind weitere Richtlinien bspw. zur Energieeffzienz (Energieeffizienz-Richtlinie 2009/33/EG) erlassen und umgesetzt worden. Auch die Schwellenwerte wurden mehrfach geändert.

 

Im Jahr 2014 hat die EU- Kommission Richtlinien zur Modernisierung des Vergaberechts sowie eine Konzessionsrichtlinie erlassen. Diese wurden fristgemäß zum 18. April 2016 in Deutsches Recht umgesetzt. Nicht geändert und weiterhin Bestand haben die Richtlinien 2007/66/EG zu den Rechtsmitteln im Vergaberecht sowie die Richtlinien 2009/81/EG und 2009/43/EG aus dem Jahr 2009 im Bereich Verteidigung und Sicherheit.

 

Zur Reform der europäischen Vergaberichtlinien:

Die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU ändern die Richtlinien aus dem Jahr 2004. Neu hinzugekommen ist die Konzessionsrichtlinie. Im Einzelnen sind dies:
 

  • Die  Richtlinie 2014/24/EU vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG („klassische Vergaberichtlinie“).
     
  • Die Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG („Sektorenrichtlinie“).
     
  • Die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe („Konzessionsrichtlinie“). 
Das neue Richtlinienpaket wurde am 28.03.2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (L 094 des EU-Amtsblattes). Die neuen Richtlinien traten zum 17.04.2014 in Kraft.
 
Die Frist zur Umsetzung in innerstaatliches Recht beträgt grundsätzlich 24 Monate. Für die Einführung der eVergabe gelten längere Umsetzungsfristen, teilweise bis zu 60 Monaten. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat eine 1:1-Umsetzung der neuen Vergabevorschriften angestrebt. Erläuternde Informationen zur nationalen Umsetzung der eVergabe durch das BMWi erhalten Sie hier. Pünktlich zum 18. April 2016 sind die neuen Regelungen in Deutschland im Oberschwellenbereich in Kraft getreten.
 
Wesentliche reformbedingte Änderungen:

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen reformbedingten Änderungen vor:

 

1. Innerhalb der klassischen Vergaberichtlinie:

  • Zulässigkeit von vergaberechtsfreien In-House-Geschäften werden gesetzlich geregelt.
  • Die eVergabe wird schrittweise verpflichtend.
  • Neues Verfahren „Innovationspartnerschaft“ soll Auftraggebern ermöglichen, schwer fassbare Auftragsgegenstände auszuschreiben ohne dem Beschaffer eine ganz konkrete Lösung vorzuschreiben – Spielraum für Entwicklung.
  • Gebot der Losvergabe ist erstmals EU-weit geregelt.
  • Zuschlagskriterium „wirtschaftlich günstigstes Angebot“ - Auftraggeber sollen Qualitäts-, Umwelt- und Sozial- und Innovationsaspekte stärker berücksichtigen.
  • Strikte Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien wird bei „persönlichen“ Dienstleistungen aufgegeben.
  • Regelungen der Vss., unter denen wesentliche Änderungen bereits ausgeschriebener Verträge zur Neuausschreibung verpflichten bzw. welche Änderungen ohne erneute Ausschreibung durchgeführt werden können.
  • Die Unterscheidung zwischen prioritären (Anhang I A) und nicht-prioritären (Anhang I B) Dienstleistungen fällt weg. Statt dessen gibt es ein Sonderregiem für soziale und andere besondere Dienstleistungen.
 
2. Die Regelungen zur Konzessionsvergabe werden erstmals überhaupt durch eine Richtlinie ausdrücklich geregelt. Alle Bau- und Dienstleistungskonzessionen ab einem Auftragswert von 5.350.000 € werden von der Konzessionsrichtlinie erfasst.
 
 
Ausführlichere Erläuterungen der Kommission zu den durch die Reform bedingten Änderungen finden Sie hier: Sektorenrichtlinie, zur Konzessionsrichtlinie, sowie weitere Hinweise auf der Homepage der Kommission.

 

Weitere vergaberechtsrelevante EU-Regelungen:

Neben den europäischen Richtlinien zum Vergaberecht ist für die Auslegung des Vergaberechts ferner das europäische Primärrecht, insbesondere der EG-Vertrag, von Bedeutung. Die Grundsätze der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sind insofern ergänzend zu beachten. Dies gilt auch außerhalb des Anwendungsbereichs der europäischen Vergaberichtlinien, also insbesondere unterhalb der Schwellenwerte.

 

Schwellenwerte:

Zum 1. Januar 2020 sind mit Verordnungen der EU-Kommission vom 30.10.2019 (EU Amtsblatt 2019/L279/23 ff.)  die EU-Schwellenwerte erstmals seit 2010 wieder herabgesetzt worden. Diese betragen nunmehr für Bauaufträge 5.350.000 Euro (vormals 5.548.000 Euro), für Liefer- und Dienstleistungsaufträge 214.000 Euro (vormals 221.000 Euro), für Sektorenauftraggeber bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 428.000 Euro (vormals 443.000 Euro) und für Oberste oder Obere Bundesbehörden sowie vergleichbare Bundeseinrichtungen bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 139.000 Euro (vormals 144.000 Euro).

 

Stand: Januar 2020