Februar 2019: Die Textform im Vergaberecht

 

Die Textform hat im Vergaberecht seit einiger Zeit die Schriftform abgelöst. Die Einführung dieses neuen Formtyps der lesbaren, unterschriftslosen Erklärung hatte die Vereinfachung der elektronischen Kommunikation im Vergabeverfahren zum Ziel. Gleichzeitig sollten damit auch Vorbehalte gegenüber der E-Vergabe abgebaut werden. Die E-Vergabe war bis zu diesem Zeitpunkt mit der Verwendung der elektronischen Signatur verknüpft, die als zu teuer, fehleranfällig, und anwenderunfreundlich galt.


Der sicher wichtigste Anwendungsfall der Textform im Vergaberecht ist die Übermittlung der Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote in Textform (§ 53 Abs. 1 VgV, § 38 Abs. 1 UVgO). Die Textform stellt hierbei nunmehr den Standard dar. Lediglich in den Ausnahmefällen, in denen die zu übermittelnden Daten erhöhte Anforderungen an die Sicherheit stellen, kann noch die Verwendung der elektronischen Signatur vorgesehen werden (§ 53 Abs. 3 VgV,  § 38 Abs. 6 UVgO).
 

Daneben findet sich die Textform aber auch bei der Dokumentation des Vergabeverfahrens, der Anfertigung des Vergabevermerks, der Unterrichtung der Bewerber und Bieter seitens des öffentlichen Auftraggebers über seine Entscheidungen zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung und der Zuschlagserteilung (§ 62 Abs. 2 VgV) und der Informationspflicht gegenüber den Bietern und Bewerbern im Zusammenhang mit der Aufhebung von Vergabeverfahren (§ 63 Abs. 2 VgV).

 

Damit stellt sich in der Praxis jetzt die Frage, wie beispielsweise ein Angebot in Textform konkret auszusehen hat.

 

Was ist unter Textform zu verstehen?
 

Eine Legaldefinition der Textform findet sich in § 126b BGB. Dort heißt es,
 

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
 

  1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
  2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

 

Was sind die Voraussetzungen der Textform?

 

1. Lesbare Erklärung auf einem dauerhaftem Datenträger

2. Nennung der Person des Erklärenden

 

1. Lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger

Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Geeignete Datenträger sind danach auch elektronische Speichermedien, soweit es diese ermöglichen, die gespeicherten Daten mit Hilfe von Anwendungsprogrammen (in Schriftzeichen) lesbar zu machen und der Datenträger geeignet ist, die Erklärung dauerhaft festzuhalten.[1]

 

Die Verkörperung der Erklärung auf einer Festplatte genügt hier ebenso wie die Speicherung auf USB-Stick, CD-ROM, DVD, Diskette oder als E-Mail, während die bloße Speicherung im Festplatten-Cache das Merkmal der Dauerhaftigkeit richtigerweise nicht erfüllt.[2]

 

2. Nennung der Person des Erklärenden

Nach dem Sinn der Formvorschriften geht es bei dieser Voraussetzung um die Erkennbarkeit derjenigen Person, der die Erklärung zugerechnet werden soll. Im Vergabeverfahren wird mittels Textform ein Angebot abgegeben. Es muss dabei erkennbar sein, wem das Angebot zuzurechnen ist. Handelt es sich hierbei um eine natürlichen Personen, ist deren Name zu nennen, bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften der Firmenname („Firma“ im handelsrechtlichen Sinn) und die Rechtsform.

Wird das Angebot durch einen Mitarbeiter oder Vertreter des Bieters abgegeben, kann zusätzlich die Nennung dessen Namens gefordert werden. An der Benennung des konkreten Vertreters und damit der Möglichkeit, dessen Vertretungsmacht wenigstens einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen, besteht seitens des öffentlichen Auftraggebers ein berechtigtes Interesse, da es im Ergebnis des Vergabeverfahrens zu Abschluss eines Vertrags kommt.

 

Gleichgültig ist, wo der Name des Erklärenden genannt wird. Möglich ist also eine Nennung in einer faksimilierten Unterschrift, aber etwa auch im Kopf oder Inhalt der Erklärung. Die Nennung des Erklärenden verlangt nicht notwendigerweise die Nennung seines Nachnamens; vielmehr reicht auch die Nennung eines Vor- oder Spitznamens (bzw. Pseudonym) in der Erklärung aus, sofern dadurch im konkreten Fall auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Beziehungen die Person des Erklärenden mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar ist.[3] Eine handschriftliche eigenstände Unterschrift ist nicht erforderlich.

 

Ob die Erklärung vollständig und rechtlich bindend ist, muss auch bei der Textform muss erkennbar sein. Die Kenntlichmachung des Abschlusses der Erklärung kann auf verschiedene Weise erfolgen, etwa durch die Nennung des Namens am Textende, ein Faksimile, eine eingescannte Unterschrift, den Zusatz „Diese Erklärung ist nicht unterschrieben“, aber auch durch eine Datierung oder eine Grußform.[4]

 

 

[1] Einsele in MüKoBGB § 126b BGB Rn. 4

[2] Einsele in MüKoBGB, §126b BGB Rn 6

 

[3] Einsele in MüKoBGB, §126b BGB Rn 7

[4] Einsele in MüKoBGB, §126b BGB Rn 8

Stand: Februar 2019

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