Erlass des BMI zu Lieferengpässen und Stoffpreisänderungen diverser Baustoffe


Seit einiger Zeit wird von Materialknappheit und extremen Preissteigerungen in einzelnen Materialsektoren wie Holz, Metall und Kunststoffprodukten berichtet. Insbesondere bei Baumaterialien führten diese Lieferengpässe und Preissteigerungen dazu, dass Unternehmen Termine und Preiskalkulationen nicht mehr einhalten können. Auf diese außergewöhnlichen Umstände hat des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) mit einem Erlass vom 21.5.2021 (BW I 7 - 70437/9#3) reagiert und auf das Formblatt „Stoffpreisgleitklausel“ hingewiesen. Mit diesem Instrument, aus dem Vergabehandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes (VHB), welches in der Vergangenheit bei schwankenden Stahlpreisen angewandt wurde, könne auch jetzt auf volatile Preissteigerungen bei anderen Stoffen reagiert werden, soweit im Güterverzeichnis des Statistischen Bundesamtes Indizes dafür veröffentlicht würden.

In dem Erlass gibt das BMI Hinweise zur Anwendung des Formblatts "Stoffpreisgleitklausel" für neue und laufende Vergabeverfahren sowie bestehende Verträge. Danach ist bei neuen Vergabeverfahren vor dessen Einleitung zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln vorliegen. Hierbei sind die vom Statistischen Bundesamt erfassten und veröffentlichten Indizes der entsprechenden Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Fachserie 17, Reihe 2) einzubeziehen. Ist nach der Prüfung eine Stoffpreisgleitklausel zu vereinbaren, sind im Formblatt 225 alle Stoffe, die der Preisgleitung unterworfen werden sollen, einzutragen. Das Formblatt sowie das dem Erlass beigefügte Hinweisblatt sind den Vergabeunterlagen beizufügen und im Anlagenverzeichnis der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufzunehmen.


Bei laufenden Vergabeverfahren ist eine nachträgliche Einbeziehung der die Stoffpreisgleitklausel möglich, wobei auch Ausführungsfristen an die aktuelle Situation angepasst werden können, wenn die (Er)Öffnung der Angebote noch nicht erfolgt ist. Die Angebotsfrist ist gegebenenfalls zu verlängern. Bieteranfragen zur Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel müssen geprüft und, soweit mit den Vorgaben des VHB vereinbar, umgesetzt werden. Bei bereits erfolgter Angebots(er)öffnung, ist zu prüfen, ob zur Sicherstellung des Wettbewerbs und zur Vermeidung von Streitigkeiten bei der Bauausführung die Rückversetzung in den Stand vor Angebotsabgabe in Frage kommt, um Stoffpreisgleitklauseln einzubeziehen, ggf. in Verbindung mit einer Anpassung der Ausführungsfristen, vor allem, wenn einzelne Baustoffe die Durchführung der Baumaßnahme entscheidend beeinflussen.

Für bestehende Verträge weist der Erlass darauf hin, dass diese einzuhalten sind. Eine Anpassung komme nur in besonders begründeten Ausnahmefällen im Rahmen von § 58 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) in Betracht. Ein Rechtsanspruch des Auftragnehmer auf Änderung oder Aufhebung des Vertrags könne sich aufgrund der „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 Abs. 1 BGB) ergeben, soweit das Festhalten am Vertrag in seiner ursprünglichen Form für ihn zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnissen führen würde. Wenn es dem Unternehmer selbst bei Zahlung höherer Einkaufspreise nicht möglich sei, die Baustoffe zu beschaffen (tatsächliche Unmöglichkeit), könne der Fall der höheren Gewalt (insbesondere infolge der COVID-19-Pandemie) oder eines anderen, vom Auftragnehmer nicht abwendbaren Ereignisses im Sinne des § 6 Absatz 2 Nummer 1c VOB/B vorliegen. Dadurch verlängerten sich die Vertragsfristen.
 

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